Die Autobiographie des DM-Gründers – oder : Man muss kein Arschloch sein, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Business-Wälzer sind im Normalfall nicht meins – ess sei denn es handelt sich um branchenspezifische Pflichtlektüre. Aber ich hatte über den Anthroposophen Götz Werner schon des öfteren gelesen und wollte – sozusagen aus erster Hand – erfahren, wie man derart erfolgreich werden kann, mit einer – scheinbar – so „wirtschaftsfremden“ Weltanschauung wie der Anthroposophie.
Die gute Nachricht: Es geht. Die schlechte Nachricht: Es macht viel Arbeit.
Götz Werner hat den Drogisten im Blut. Er lernt den Beruf und das Unternehmertum von der Pieke auf. Um dann nach und nach alles über Bord zu schmeißen, um Management und Leadership völlig neu zu denken und umzusetzen. Er hat es geschafft, selbst in einem so riesigen „Konzern“ wie DM heute ist*, die Wertschätzung für den Menschen – sei es der Mitarbeiterin oder der Kundin – in den Mittelpunkt zu stellen. Völlig zurecht sagt Der Tagesspiegel daher: „Ach wie schön wäre es, wenn die Regierung einen hätte wie Götz Werner…“
Es sind zunächst keine weltbewegenden Erkenntnisse, von denen Götz Werner erzählt. Aber er denkt sie konsequent bis zum Schluss und setzt sie dann auch um – und das macht den großen Unterschied.
„Viele Pioniere glauben, dass sie mit ihren bisherigen Fähigkeiten auf Dauer erfolgreich bleiben könnten. Sie handeln aus Empirie: Ich war in der Vergangenheit erfolgreich, ich werde es auch in Zukunft sein. Sie wollen reproduzieren. Sie schauen zurück (auf ihre Erfolge aus der Vergangenheit) und gehen vorwärts (in eine ungewisse Zukunft). Und dann, weil sie eben nicht sehen wohin sei gehen, fallen sie in einen Graben. Solches Handeln aus Empirie ist töricht: Wenn sich die Verhältnisse ändern, braucht man andere Fähigkeiten um erfolgreich zu sein.“
Der Unternehmer Werner lernt die Anthroposophie kennen. Immer weiter hinterfragt er sich selbst und sein unternehmerischen Handeln und nimmt dabei den anthroposophische Blickwinkel ein:
„Wer war für wen da? Der Kunde? Die Mitarbeiter? Das Unternehmen? Ist der Mensch Mittel oder Zweck?
Diese Fragen verfolgten mich. Mit der Zeit wurde es immer klarer: Nichts auf der Welt wird gemacht, ohne dass der Mensch das Ziel ist. Also ist der Mensch nie Mittel, immer Zweck. (…) Damals vollzog sich eine entscheidende Wende. Wenn man mit diesen Fragen anfängt, wenn man das ernst nimmt, also nicht nur versteht, sondern auch fühlt, dann schaut man anders in die Welt. Und wenn man anders in die Welt schaut, entdeckt man etwas anderes, und dann macht man den Unterschied. Dann fängt man an, sein Unternehmen in eine andere Richtung zu führen. Die Frage: Wer ist für wen da?, zieht automatisch die Frage nach sich: Ist das Unternehmen für den Gewinn da oder der Gewinn für das Unternehmen?“
Wahrscheinlich handelt einer, der fest an die Wiedergeburt glaubt auch umsichtiger als einer, der an die der Beichte bzw. an „hinter-mir-die Sintflut“ glaubt.
Jedes Kapitel enthält zitierfähiges Material – ob es um flache Hierarchien geht („Das Ziel der Organisation ist, dass möglichst viele im Sinne des Ganzen intelligent handeln.“, „Wer will findet Wege; wer nicht will findet Ausreden.“), Tabubrüche wie die Abschaffung der Sonderangebote oder die der ,99-Endungen; klare Aussagen zu Anreizsysteme wie Bonifikationen („Bonuszahlungen verhindern Leistung, weil sie den Blick auf die eigentliche Aufgabe vernebeln.“), usw., usf.
Womit ich nie gerechnet habe ist uneingeschränkt empfehlenswert. Allen ManagerInnen, EnterpreneurInnen und sonstigen Businessmenschen sowieso und allen anderen auch. Es eröffnet neuen Perspektive auf das eigene Handeln, evoziert Reflexion und beschert häufige Aha-Erlebnisse. Vor allem nährt es die Hoffnung, dass es nicht nur rücksichts- und/oder ahnungslose Arschlöcher zu was bringen können.
Was allerdings die Übertragung dieser Hoffnung auf die Politik betrifft, so bleibe ich pessimistisch, vor allem wenn eine der Prämissen lautet:
„Das Ziel der Organisation ist, dass möglichst viele im Sinne des Ganzen intelligent handeln.“
Götz Werner Womit ich nie gerechnet habe Ullstein Buchverlag, Berlin 2013 ISBN 9783430201537
*1976 eröffnet die erste österreichische dm Filiale in Linz. Heute ist dm drogerie markt europaweit in zwölf europäischen Ländern mit fast 2.900 Filialen präsent. Über 49.000 Menschen arbeiten in ganz Europa bei dm – davon 6.000 in Österreich. (Quelle: www.dm-drogeriemarkt.at)
Ich kann ja eigentlich belletristische Schmachtfetzen gar nicht leiden. Aber Jojo Moyes schreibt niveauvolle, intelligente, ja sogar spannende Liebesgeschichten.
The Last Letter from your Lover ist eine Story mit mehreren Ebenen die geschickt ineinander verwoben werden. Geschichten von eine verbotener Liebe, Leidenschaft, Trennung, schicksalshaften Ereignissen und schweren Entscheidungen. Aber trotz aller widrigen Umstände, liegt es letztlich in unserer Macht, den Ausgang der Geschichte zu beeinflussen.
Jojo Moyes The last Letter from your Lover Hodder & Stoughton 2010 ISBN 9780340961643
Auf Deutsch heißt das Buch Eine Handvoll Worte und ist in der Übersetzung von Marion Balkenhol im Rowohlt Verlag erschienen.
/Ok, ein bisserl pathetisch am 31.12. ein Buch mit diesem Titel zu rezensieren. Hat sich so ergeben./
Das harmlos scheinende schmale Büchlein (150 Seiten) sollte man nicht lesen, wenn man gerade depressiv, sehr krank oder sehr alt ist. Es könnte Zweifel aufkommen lassen, über die, im Laufe der Zeit, schön verklärten Erinnerungen. Über die eigene Wahrnehmung. Über verpasste Gelegenheiten. Über Fragen, die wir uns – so uns ein langes Leben beschieden ist – stellen werden: Wann ist ein Leben gelungen? Braucht es Aufregung, Veränderung, mutige Entscheidungen? Wo haben wir unsere Weggefährten verloren?
Denn irgendwann ist es zu spät, und man sitzt im Pub (oder im Kaffeehaus), alleine mit seinen Gedanken und fragt sich, ob bzw. wo man wann die Ideale seiner Jugend verraten hat.
„I remember a period in late adolescence when my mind would make itself drunk with images of adventurousness. This is how it will be when I grow up. I shall go there, do this, discover that, lover her and her an her. I shall live as people in novels live and have lived. Which ones I was not sure, only that passion and danger, ecstasy an despair (but much more ecstasy) would be in attendance. (…)
But time… how time first grounds us and then confounds us. We thought we were being mature when we were only being safe. We imagined we were being responsible but we were only being cowardly. What we called realism turned out to be a way of avoiding things rather than facing them. Time… give us enough time and our best-supported decisions will seem wobbly, our certainties whimsical.“
Der Autor, Julian Barnes, ist 67. Ungefähr im selben Alter wie der Icherzähler von The Sense of an Ending, Tony Webster. Barnes passt den Erzählstil seines Buches dem Leben seines Protagonisten an: unaufgeregt aber (peinlich bis schmerzhaft) ehrlich, dabei feinsinnig humorvoll.
Der Plot ist substil gestrickt. Bis zum Schluss geht es der Leserin wie dem Erzähler, wenn er zum wiederholten Male gesagt bekommt: „You just don´t get it…“ Letzten Endes verstehen beide dann doch …
Julain Barnes wurde für The Sense of an Ending mit dem Man Booker Prize 2011 ausgezeichnet.
The Sense of an Ending Julian Barnes Vintage Books London, 2011 ISBN 9780099570332
Auf Deutsch heißt das Buch „Vom Ende einer Geschichte“, wurde von Gertraude Krüger übersetzt und ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.
Nein, nein, die Rezension schreib ich auf Deutsch. Bin ja schon froh, wenn ich noch sinnerfassend lesen kann, der aktive Wortschatz ist schon zu sehr verkümmert.
Ein Roman im Roman über einen Schriftsteller, der einem Schriftsteller zur Hilfe eilt und darüber ein Buch verfasst. Der vielfach ausgezeichnete Schweizer Autor Joël Dicker trägt in La vérité sur l´affaire Harry Quebert dick auf (hallo subtiles Wortspiel ;-), alles ist immer ur: Der ur-erfolgreiche Autor, der in die ur-Schreibkrise gerät, und dann seinen urur-erfolgreichen Mentor besucht, der in einer ur-beschissenen Situation ist. Der ur-unsypathische Cop, der dann eh ur-sympathisch ist und den ur-krisengebeutelten Schrifsteller, der eigentlich ur-gescheit ist, als Co-Ermittler engagiert. Es geht um die – nein nicht ur – sondern ultimative Liebesgeschichte zwischen einem (ur) – und das kommt jetzt auf die Perspektive an – -alten Schriftsteller und einem urjungen Mädchen, das blöderweise ur-tot auf des Schreiberlings Grundstück gefunden wird.
Wenn man die ganzens Urs mal wohlwollend übergeht, entpuppt sich La vérité sur l´affaire Harry Quebert zu einem sehr vielschichtigen Krimi, der einen durchaus fesselt. Fast bis zur letzten Seite tun sich neue Verdächtige auf, die es dann doch nicht (oder schon?) gewesen sind.
Plot 1a. Ein bissl weniger amerikanische Übertreibung zugunsten Schweizer Bodenhaftung hätte dem Buch gut getan. Aber was zählt schon meine bescheidene Meinung, hat der Roman doch die bedeutenden Auszeichnungen „Prix Goncourt des Lycéens 2012“ und den „Grand Prix du Roman“ der Académie Française erhalten. (Und das als Schweizer, bist du deppert!)
Neben der Krimihandlung betreibt Joël Dicker ein bisserl Psychohygiene indem er die profitgeile Bestseller-Maschinerie geißelt und er prangert die Bigotterie der Amerikaner an – ein bisserl Moral muss schon auch sein.
Dennoch nahezu uneingeschränkte Lesempfehlung. Ein guter Krimi mit ein paar amerikanischen Schwächen.
La vérité sur l´affaire Harry Quebert Joel Dicker éditions de Fallois/L’Âge d’homme, Paris/Lausanne 2012 ISBN 9-782877-068161
Gibt´s seit August 2013 auch auf Deutsch unter dem originellen Titel „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ in der Übersetzung von Carina von Enzenberg im Piper Verlag.
Macht was her bei passablem Aufwand. Soeben in max 1h. hergestellt (und zusammen mit restlichem Lamm von Weihnachten verputzt.)
Foto: Daniil Silantev, unsplash
Zutaten für 4 Portionen
10 g Pilze getrocknet 1 l Gemüsebrühe 300g Risottoreis 1 Zwiebel 2 EL Butter 2 EL Olivenöl je 1/2 TL Fenchel- und Koriandersamen 1/2 TL Senfkörner (geht aber auch ohne gut) 2 Thymianzweige 1 kleine Handvoll Basilikum 1 Handvoll frischer Pilze (ich hab 1 Kräuterseitling und 2 Champignons genommen) 70g Parmesan 100g Mascarpone (ich hab Obers genommen) 150 g Heidelbeeren (wenn TK dann unbedingt abtrofen lassen)
Zubereitung
Getrocknete Pilze in heißem Wasser einweichen bis sie weich sind, ausdrücken, klein schneiden (Einweichwasser aufheben!). Gehackte Zwiebel in 1 EL Butter und 1 EL Olivenöl mit den ehemals trockenen Pilzen anschwitzen. Risottoreis dazugeben und glasig werden lassen. Mit 1 Schöpfer Einweichwasser ablöschen, Gewürze dazutun. Rühren und wenn die Flüssigkeit verkocht ist wieder mit 1 Schöpfer Gemüsebrühe aufgießen, bis der Reis weich aber noch körnig ist.
Frische Pilze in Scheiben schneiden, in Butter und Öl scharf anbraten bis sie eine schöne braune Frabe haben, mit Salz und Pfeffer würzen.
Zum Schluss Mascarpone unter das Risotto ziehen, kosten, salzen, pfeffern. Auf tiefen Tellern anrichten. Heidelbeeren drüberstreuen und mit Parmesanhobel bestreuen und mit Basilikumblättchen garnieren.
Pro Person 3 EL Hirse trocken anwärmen, mit 125 ml Wasser aufgießen und kurz aufkochen lassen. 20min. ziehen lassen.
1/2 Apfel in Scheiben schneiden, in Butterschmalz (oder Butter) anbraten, mit Apfelsaft ablöschen.
Apfel mit Hirse vermischen, je nach Geschmack mit Zimt verfeinern. Evtl. mit Ahornsirup süßen. (Wenn du 1/2 Banane zu den Äpfeln gibt´s brauchst du keine Extrasüße!)
(Frau sollte vielleicht kein Buch lesen, bei dem sie nicht mal den Titel versteht…)
Wobei, Starter for Ten ist so lustig, dass es reicht, wenn frau nur die Hälfte versteht. Auch altersmäßig passen wir nicht ganz zusammen, handelt es sich doch um eine sog. Coming-of-Age-Story, wo Wimmerl noch Suizidgedanken auslösen können.
David Nicholls – ja, das ist der von One Day ! – beschreibt ungeschönt die Versuche seines Helden Brian Jackson, in der neuen Welt der Universität erwachsen zu werden: d.h. die Pickel loszuwerden, (mind. ) ein Mädchen zu fi…nden und gescheit zu werden („the all-important difference between knowledge and wisdom“*). Das ist schreiend komisch oder „toe curlingly embarrasing“ (Company)
„What I´m really looking forward to is the autumn, to kicking through leaves on the way to a lecture, talking excitedly about the Metaphysical Poets with a girl called Emily, or Katherine, or Francois (sic!), or something, with black opaque woolly tights and a Louise Brooks bob, then going back to her tiny attic room and making love in front of her electric fire. Afterwards we´ll read T.S.Eliot aloud and drink fine vintage port (sic!) out of tiny glasses listening to Miles Davis. That´s what I imagine it´s going to be like, anyway. The University Experience.“
Auf seinem alkoholgeschängerten Weg durch den Dschungel der Adoleszenz, hat Brian ein paar Nachteile zu kompensieren: da wäre einmal seine unvorteilhafte Physiognomie, seine Unfähigkeit sich peinliche Kommentare zu verkneifen, sein – für die 80er Jahre total uncooler – Musikgeschmack (Kate Bush!) und vor allem sein zwanghafter Drang, unter Alkoholeinfluss die Tanzfläche zu entern um dort – bar jeder Hemmung – einen auf Saturday Night Fever zu machen. Trotz alldem schafft er es, das Mädchen seiner Träume, Alice, auf sich aufmerksam zu machen. Sie lädt ihn über die Weihnachtsfeiertage sogar zu sich ins Cottage ein. Wo er sogleich die Sympathie ihres Vaters gewinnt:
„Mr. Harbison listens and drives in silence, quietly emanating a subtle buzz of hostility. He´s absolutely massive, and I try to imagine why someone who makes art documentaries for BBC2 should have a physique of a brickie. And hairy, the kind of man who shaves his cheeks twice a day, but obviously terrifyingly intelligent. It´s almost as if he was raised by wolves, but wolves who knew the value of a decent college education. He also seems impossibly young, good-looking and cool to be a dad, as if having family is something he slipped in between Hendrix concerts and LSD trips.“
Und dann folgt die wohl peinlichste Szene der Geschichte der Belletristik (gleich nach jener in „Verrückt nach Mary“ mit dem Zeug im Haar – ihr wisst schon welche ich meine..). Nein, die müsst ihr schon selbst lesen!
Allen empfohlen, die sich noch an ihre Jugend erinnern können! Hab Mitleid but have fun!
A Starter for Ten David Nicholls ISBN 978-0-340-73487-2
Starter for Ten wurde scheinbar auch verfilmt – wenn überhaupt nur in Originalfassung ansehen. (Mir graut schrecklich vor der Vorstellung einer piefkedeutschen Übersetzung des inneren Monologs!)
Das Älterwerden macht sich unter anderem auch dadurch bemerkbar, dass längst überwunden geglaubte Irrungen sich einem erneut aufdrängen. Aktuell zu beklagen ist z.B. die Rückkehr des Oberlippenbartes.
Liebe jungen Leute! Auch wenn ihr ihn heutzutage elegant Moustache nennt, ist und bleibt der Schneuzer (sic!) er ein haariger Faupax. Die einzigen Menschen, die ungestraft einen solchen tragen dürfen sind: Burt Reynolds, Tom Selleck und Günther Wallraff under cover – aber die kennt ihr ja alle nicht mehr.
Falls ihr mir nicht glauben wollt, schaut euch doch mal Fotos von Hans Krankl einst und jetzt an. Oder von Herbert Prohaska.
Hört auf mich! Ich erspare euch die Scham der Zukunft und mir die Fremdscham today.
Außerdem droht die Gefahr, dass das weibloiche Geschlecht mit Haarwuchs allerorten zurückschlägt. Und das wollte ihr dann doch nicht, oder?
Schade, dass mein Italienisch nicht gut genug ist, um Luca die Fulvios neue Geschichte in der Originalsprache zu lesen.Italienisch wäre genau die richtige Sprache um diesen opulenten Roman zu verschlingen.
Di Fulvio produziert Belletristik im besten Sinne des Wortes. Ein phantastisches Abenteuer in dessen Mittelpunkt der Waisenjunge Mercurio und das jüdische Mädchen Giuditta stehen. Um die beiden oszillieren die weiteren Protagonisten: Giudittas Vater Isacco, Benedetta, eine „Kollegin“ Mercurios, deren betörende Schönheit benutzt wurde, den Reichen den Kopf zu verdrehen, um sie zu bestehlen, Zolfo, ein einfältiger Waisenjunge und Hauptmann Lanzafame sowie Shimon, der stumme Rächer.
Sie leben in Italien am Anfang des 16. Jahrhunderts. Hunger, Elend, Krankheit und das Recht des Stärkeren bzw. des Mächtigeren regieren. Wer aus der Gosse kommt, wird in der Gosse sterben. Doch Giuditta und Mercurio trotzen ihrem Schicksal und versuchen, ihre eigenen Wege zu gehen. Dass sie sich damit Feinde machen, ist klar. Doch – vor allem – Mercurio zeigt, dass man nicht nur mit körperlicher oder struktureller Stärke, sondern auch mit Schlauheit reüssieren kann.
Ja, die Geschichte nimmt die eine oder andere unglaubwürdige Wendung. Ja, manchmal trieft das Pathos! Aber di Fulvios Capriolen reißen einen mit und bei fast 900 Seiten, kann man schon den einen oder anderen allzu haarstraäubenden Blödsinn überlesen.
Eine phantastische Geschichte in der Tradition der Commedia dell´Arte. Oder – wenn man ein bisschen boshaft sein möchte – die Vorlage für die italienische Version des Musicals Les Misérables.
Mit einem Wort: die ideale Lektüre für die Weihnachtsfeiertage!
Das Mädchen, das den Himmel berührte Luca di Fulvio ISBN: 978-3-404-16777-7 Bastei Lübbe, Köln 2013
PS: Wer eine ähnlich beeindruckende, aber nicht ganz so barocke Geschichte lesen möchte, dem empfehle ich den Vorgänger: Der Junge, der Träume schenkte.