Louise Candlish – The day you saved my Life

Louise Candlish – The day you saved my Life

/oder auch The night you wasted my time/

Voller Freude gekauft, immerhin schreibt Jojo Moyes „I loved this book (…)“ und Jojo Moyes mag ich wirklich (siehe auch Rezension in den nächsten Tagen). Doch dann hat mich schon meine Tochter gewarnt: nicht gut, voller öder Klischees, langweilig.

Nun ja, ich wollte es nicht glauben, aber nach 1/3 des Buches hab ich aufgegeben. Schmalziges Gesülze sondergleichen: Mann rettet Bub aus der Seine, depressive Mutter des Buben verliebt sich in den Helden, der ist zwar verheiratet, aber eh unglücklich, blablabla

Könnt ihr getrost sein lassen!

The Day you saved my Life candlish
Louise Candlish
The Day you saved my Life
Sphere
ISBN 9780751543551

Wurde bisher – aus gutem Grund – nicht übersetzt.

Biografie eines zufälligen Wunders – Tanja Maljartschuk

Biografie eines zufälligen Wunders – Tanja Maljartschuk

Tanja Maljartschuk stammt aus der Ukraine. Seit 2011 lebt sie in Wien. Wenn nur ein Bruchteil dessen, was Maljartschuk schreibt, der Realität entspricht, weiß man auch warum das so ist. Und man weiß auch, wieso so viele Menschen in der Ukraine auf dem Maidan ihr Leben riskiert haben, um das System zu ändern. Sie riskierten es auch vorher schon in prekärsten Verhältnissen, unter staatlicher Willkür, wo zuerst das Recht des Reicheren, dann jenes des Stärkeren kommt. Und wer den offiziellen Weg geht, zerschellt an der Gummiwand der Bürokratie.

Dabei meint es Maljartschuk gut mit ihrer Heldin (im wahrsten Sinne des Wortes) Lena. Lena möchte ein guter Mensch werden.  Denn „anständige Menschen müssen gut sein“. Doch gut sein funktioniert nicht in Maljartschuks Ukraine. Die Menschen dort saufen, verprügeln ihre schwächeren Verwandten und Bekannten, verkaufen Streunerhunde an Chinarestaurants, lassen Menschen vor ihrer Türe erfrieren, betrügen einander und den Staat. Nur Lena stellt sich dem entgegen. Sie verteidigt ihre Kindergartentante, sie setzt sich für die Hunde ein, sie will ihrer behinderten Freundin einen Rollstuhl und eine Rente organisieren. Mutig und ausdauernd tritt sie für ihre Anliegen ein. Im besten Fall erntet sie Spott,  schlechtestenfalls wird sie verprügelt. Erreichen tut sie nichts. Kleine Siege kann sie nur erringen, wenn sie sich doch des Systems bedient und zum Beispiel den Dorfmafioso anheuert um, die Hundefänger zu eliminieren.

Auf ihrem Weg von einer Ungerechtigkeit/Ungeheuerlichkeit zur anderen stolpert sie über einige bemerkenswerte Einsichten. Die knappe Sprache macht daraus beinahe Aphorismen:

„Man trinkt Wodka nicht, weil er da ist, sondern weil nichts anderes da ist: keine Arbeit, kein Glaube, keine Zukunft. Wenn eines von den dreien wieder da ist, wird man keinen Wodka mehr trinken.“

„(…) in einem aussichtlosen Kampf sind diejenigen am wichtigsten, die kämpfen, weil sie der Zeit nicht erlauben, sie in Monster zu verwandeln. Man verliert den Kampf, aber man kann sich selbst gewinnen.“

„(…) Der Tod ist die größte Schwachstelle im Atheismus.“

Maljartschuk schildert die grausamen und elenden Umstände unter denen Lena und ihre SchicksalsgenossInen leben, mit erstaunlichem – verzweifelten? – Humor. Monty Python in echt sozusagen. Doch wenn es gar zu grauslich zu werden droht, bleibt Maljartschuk kein anderer Ausweg, als zum Übernatürlichen zu greifen: Jetzt kann es nur noch die fliegende Frau mit dem roten Kopftuch richten.

So endet der Roman über die einst unerschütterliche Optimistin Lena mit ihrem traurigen Resumée:

Vor langer Zeit hat man mir einmal erzählt, dass es das Gute und das Böse gibt und dass ein anständiger Mensch gut sein muss. Das ist seine Pflicht. Ich habe beschlossen, so zu sein. Ein guter Mensch zu sein. Und so habe ich darauf gewartet, meine Güte endlich beweisen und einsetzen zu können. Doch die Zeit verging und nichts geschah. Ich habe nichts Gutes getan. Im Gegenteil. In meinen Bestreben Gutes zu tun, habe ich Böses angerichtet. Und jetzt frage ich mich: Was ist das Gute überhaupt? Wir wissen, was das Böse ist, aber was ist das Gute?

Tanja Maljartschuk Biografie eines zufälligen Wunders
Tanja Maljartschuk
Biografie eines zufälligen Wunders
übersetzt von Anna Kauk
Residenz Verlag
ISBN 9783701716128
Der Duft des Regens – Frances Greenslade

Der Duft des Regens – Frances Greenslade

/auch von Maja (16) empfohlen/

Eine Kindheit in Kanada in den 60er und 70er Jahre. Wie im Wildwestbilderbuch wachsen die Schwestern Maggie und Jenny in den mächtigen Wäldern des kanadischen Hinterlandes auf. Behütet und dennoch frei – Spießigkeit inmitten der Wildnis: zelten, Beeren sammeln, im eisigen Seen nackt baden, Feuerholz machen und ein bisschen Schule. Eine liebevolle Mutter, ein zwar schweigsamer aber umsorgender Vater. Alles ist gut.

Doch dann kommt der Vater ums Leben. Die kleine, heile Welt gerät ins Wanken. Plötzlich ist gar nichts mehr gut.

Irgendwie landen Maggie und Jenny in einer nichtssagenden kanadischen Kleinstadt. Bei der ewig schlecht gelaunten Bea und ihrem kranken Mann Ted. Statt Familienidyll gibt´s von da an nur mehr physische Grundversorgung. Meldet sich die Mutter zunächst noch sporadisch, herrscht bald absolute Funkstille.  Während Jenny, die ältere, ihr Teenagerleben irgendwie weiterlebt, leidet Maggie extrem unter der Abwesenheit ihrer Mutter. Gemeinsam mit ihrem einzigen Freund Vern leistet sie sich kleine Auszeiten, Fluchten in die raue Natur, die einzige Umgebung, in der sie sich noch geborgen fühlt.

Als Maggie auch noch von ihrer größeren Schwester unfreiweillig verlassen wird, macht sie sich schließlich auf die Suche nach ihrer Mutter. Doch was sie herausfindet, wird das Bild, das Maggie von ihrer Mutter hat, noch einmal tief erschüttern.

Der Duft des Regens ist ein hoch emotionales Buch, das jedoch nie kitschig oder pathetisch wird – praktisch das Gegenteil von einem Weaper 😉

Eine Coming-of-Age-Story, die 16- wie 44-Jährige beeindruckt.

Uneingeschränkte Lesempfehlung.

Frances Greenslade Der Duft des Regens übersetzt von Claudia Feldmann Insel Verlag Berlin ISBN 978458359555
Frances Greenslade
Der Duft des Regens
übersetzt von Claudia Feldmann
Insel Verlag Berlin
ISBN 978458359555

Das Original erschien 2011 unter dem Titel Shelter bei Random House Canada.

Au revoir là-haut – Pierre Lemaitre

Au revoir là-haut – Pierre Lemaitre

/Leider noch nicht auf Deutsch erschienen, aber unbedingt lesenswert/

Pierre Lemaitre hat für seinen Kriegsroman die höchste französische Literaturauszeichnung, den Prix Goncourt, erhalten. Das war der Grund, mir dieses Buch zuzulegen. Nach dem Cover kann man bei den Franzosen ja nicht gehen: schwarzer Titel auf weißem Grund. Und es hat sich ausgezahlt! Ein tolles Buch, das die Greuel und die ebenso grauenhaften Folgen eines Krieges – in dem Fall des ersten Weltkrieges – anhand weniger Figuren großartig darstellt. Ohne dabei den Humor zu verlieren.

Da gibt´s den ehrgeizigen Kommandanten Henri d´Aulnay Pradelle, der um jeden Preis als Held aus dem Krieg zurückkehren will. Er geht dabei im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen. Und auch nach dem Krieg werden Leichen sein Geschäft sein.

Die einfachen Soldaten Albert Maillard und Edouard Pericourt hat das Schicksal zusammen geschweißt: Bei der Rettung des einen wurde dem anderen das halbe Gesicht weggeschossen.

Und so versuchen sie den Alttag nach dem Krieg zu bewältigen. Der eine kann seinen Panikattacken nur durch das Tragen einer Pferdemaske Einhalt gebieten, der andere ist total abhängig: eineseits von der Pflege seines Freundes, adererseits vom Morphium. D´Aulnay Pradelle wiederum ist gefangen in seiner Familiengeschichte: Er muss viel Geld verdienen, um den Familiensitz zu renovieren. Moralische Bedenken kennt er keine.

Es kommt zwar überraschend, aber letztlich wie es kommen muss.

Die Geschichte ist einfallsreich, spannend, zum Teil richtig lustig. Und ja, auch ein bisserl zynisch.

Au revoir la haut
Pierre Lemaitre
Au revoir la haut
Editions Albin Michel 2013
978-2226249678
Demain j´arrête – Gilles Legardinier

Demain j´arrête – Gilles Legardinier

Ben moi j´ai pas attendu jusqu´à demain…

Falls ihr die Geschichte einer an und für sich sympathischen Frau lesen wollt, die sich für einen Mann zum Deppen macht, bitte. Ich nicht. Schon gar nicht geschrieben von einem Mann. Ist sicherheitshalber auch nicht übersetzt worden…

Gilles Legardinier Demain j´arrete
Gilles Legardinier
Demain j´arrete
Pocket 2013
ISBN 978-2266233040
The Terrible Privacy of Maxwell Slim – Jonathan Coe

The Terrible Privacy of Maxwell Slim – Jonathan Coe

Mit AutorInnen, die man nicht kennt ist das ja so eine Sache… Wenn die Presse sich (bereits am Cover) überschlägt in hymnischen Einzeilern wie „Very, very funny“ oder „Hugely enjoyable“ oder „Masterly, highly engaging“ – ist Vorsicht geboten. Also wäre Vorsicht geboten gewesen. Pech aber auch , ich habs gekauft und angefangen. Und da ich zuvor bereits 2 neue Bücher veschmäht hatte, dachte ich, es müsste an meiner mieselsüchtigen Haltung liegen und bestrafte mich mit: Da musst du jetzt durch! Und es wird sicher irgendwann „very, very funny“!

Während der 340 Seiten mit dem Endvierziger Maxwell Sim, der seine Midlife Crisis, sein Zahnbürstentrauma, seine Scheidung, sein mieses Verhältnis zu seinem Vater, … im Toyota Prius (huch wie modern!) nach Schottland fahrend abarbeitet und sich dabei in sein Navigationssystem verliebt, habe ich vergeblich versucht mich zu amüsieren. (Ich les grad in Buch über den 1. Weltkrieg, da hab ich schon auf den ersten 20 Seiten öfter gelacht!)

Aber vielleicht hab ich ja den britischen Humor nicht verstanden, das „Zwischen-den-Zeilen“ nicht mitgekriegt, weil mein Englisch halt doch nicht perfekt ist. Any other opinions on this book are hugely welcome! Please explain to the dumb reader where the funny parts are! Thank you!

Irgendwo weit hinten im Buch fragt der Protagonist:

And if I´m going mad, does that really change anything?

Und ich muss ihm leider antworten: No. Nothing. Nothing at all.

Ein weiteres Buch, mit dem ihr getrost eure Zeit nicht verschwenden müsst. Das hab ich bereits erledigt.

The Terrible Privacy of Maxwell Slim Jonathan Coe
Jonathan Coe
The Terrible Privacy of Maxwell Slim
Penguin Books 2010
ISBN 9780241950784

Auf Deutsch wurde es meines Wissens (bisher) nicht übersetzt. Aber auf Französisch heißt es La Vie très privée de Mr Sim und wurde von Gallimard herausgegeben.

The Last Letter from your Lover – Jojo Moyes

The Last Letter from your Lover – Jojo Moyes

/do not read the last pages in public/

Ich kann ja eigentlich belletristische Schmachtfetzen gar nicht leiden. Aber Jojo Moyes schreibt niveauvolle, intelligente, ja sogar spannende Liebesgeschichten.

The Last Letter from your Lover ist eine Story mit mehreren Ebenen die geschickt ineinander verwoben werden. Geschichten von eine verbotener Liebe, Leidenschaft, Trennung, schicksalshaften Ereignissen und schweren Entscheidungen. Aber trotz aller widrigen Umstände, liegt es letztlich in unserer Macht, den Ausgang der Geschichte zu beeinflussen.

The last Letter from your Lover
Jojo Moyes
The last Letter from your Lover
Hodder & Stoughton 2010
ISBN 9780340961643

Auf Deutsch heißt das Buch Eine Handvoll Worte und ist in der Übersetzung von Marion Balkenhol im Rowohlt Verlag erschienen.

Das Mädchen, das den Himmel berührte – Luca di Fulvio

Das Mädchen, das den Himmel berührte – Luca di Fulvio

Schade, dass mein Italienisch nicht gut genug ist, um Luca die Fulvios neue Geschichte in der Originalsprache zu lesen.Italienisch wäre genau die richtige Sprache um diesen opulenten Roman zu verschlingen.

Di Fulvio produziert Belletristik im besten Sinne des Wortes. Ein phantastisches Abenteuer in dessen Mittelpunkt der Waisenjunge Mercurio und das jüdische Mädchen Giuditta stehen. Um die beiden oszillieren die weiteren Protagonisten: Giudittas Vater Isacco, Benedetta, eine „Kollegin“ Mercurios, deren betörende Schönheit benutzt wurde, den Reichen den Kopf zu verdrehen, um sie zu bestehlen, Zolfo, ein einfältiger Waisenjunge und Hauptmann Lanzafame sowie Shimon, der stumme Rächer.

Sie leben in Italien am Anfang des 16. Jahrhunderts. Hunger, Elend, Krankheit und das Recht des Stärkeren bzw. des Mächtigeren regieren. Wer aus der Gosse kommt, wird in der Gosse sterben. Doch Giuditta und Mercurio trotzen ihrem Schicksal und versuchen, ihre eigenen Wege zu gehen. Dass sie sich  damit Feinde machen, ist klar. Doch – vor allem – Mercurio zeigt, dass man nicht nur mit körperlicher oder struktureller Stärke, sondern auch mit Schlauheit reüssieren kann.

Ja, die Geschichte nimmt die eine oder andere unglaubwürdige Wendung. Ja, manchmal trieft das Pathos! Aber di Fulvios Capriolen reißen einen mit und bei fast 900 Seiten, kann man schon den einen oder anderen allzu haarstraäubenden Blödsinn überlesen.

Eine phantastische Geschichte in der Tradition der Commedia dell´Arte. Oder – wenn man ein bisschen boshaft sein möchte – die Vorlage für die italienische Version des Musicals Les Misérables.

Mit einem Wort: die ideale Lektüre für die Weihnachtsfeiertage!

Das Mädchen, das den Himmel berührte
Das Mädchen, das den Himmel berührte
Luca di Fulvio
ISBN: 978-3-404-16777-7
Bastei Lübbe, Köln 2013

PS: Wer eine ähnlich beeindruckende, aber nicht ganz so barocke Geschichte lesen möchte, dem empfehle ich den Vorgänger: Der Junge, der Träume schenkte.