Sardinien Teil 4: Livorno ist keine Reise wert

Sardinien Teil 4: Livorno ist keine Reise wert

Aber wenn man schon da ist, kann man sich ja auch gleich was anschauen. Also schnallen wir die Fahrräder vom Bus (schon eine Action) und fragen nach dem Weg. Die hochgezogenen Augenbrauen der Dame an der Rezeption verheißen nichts Gutes. Dabei sind es doch nur 7 km!

Schon bald wissen wir, was sie gemeint hat: der Radweg endet nach 200m abrupt. Übrig bleibt die Strada Statale, die genauso breit ist, wie 2 LKWs. Gut, dass heute Sonntag ist, denn da fahren die riesigen Tanklaster nicht, die die hier aufgefädelten Raffinerien ansteuern, nicht. Livorno ist einer der größten Ölhäfen Europas. (Man riecht es auch teilweise.) Aber vor allem führt unser Weg vom Campingplatz 15 Minuten entlang des riesigen Industriegebiets. Schön schirch quasi. Belohnt werden allerdings wir mit dem Viertel Venezia Nuova. Einem der netteren Stadtteile Livornos. Viele Brücken, viele Kanäle, eine alte Festung, die allerdings die neuere ist, wie sich andernorts herausstellt.

Eine Spazierfahrt durch die Stadt offenbart – neben wirklich arg heruntergekommenen Gebäuden – ein Baujuwel der Sonderklasse: die Synagoge. Urteilt selbst…

Nach einem überteuerten, dafür gar nicht so gutem frühen Abendessen (Cacciucco, die berühmte Livornesische Fischsuppe, also Martin, ich nicht) (früh essen wollen ist ja in Italien immer ein Fehler, da haben nur die Touristenfallen und die, die müssen, offen) schauen wir noch zur Hauptattraktion der Stadt, in der der italienische Kommunismus seinen Ursprung hat, die Terrazza Mascagni. Und das ist nun wirklich spektakulär. Eine riesige Fußgängerzone entlang des Meeres mit einer fantastischen Aussicht – und das im Sonnenuntergang!

Hafen von Livorno im Sonnenuntergang

Das Aquarium können wir nicht mehr besuchen, denn wir wollen die Fahrradstrecke unbedingt noch bei Tageslicht hinter uns bringen. Zumal für den Abend bzw. die Nacht ein heftiges Gewitter angesagt ist.

Das Gewitter bleibt glücklicherweise aus, aber es regnet in Strömen. Wir sind froh, dass wir alles noch am Vortag verstaut haben und jetzt dem Campingplatz beim Überfluten zusehen können -ahja, da merkt auch der Livorneser, dass es sich lohnt, die Abflussgitter reinzuhalten… Nach ein paar Stunden ist der Spuk vorbei. Die Sonne kommt raus und tut so, als wär nix gewesen😇

Fein – heute steht die Überfahrt mit der Fähre an und da wünschen wir uns keinen Sturm, selbst wenn die Moby Fantasy ein Monster von einem Schiff ist, das so leicht sicher nicht ins Wanken gerät…

Anekdote am Rande: In einer Kirche sehe ich ein Bild von einem brennenden Schiff, darunter den Hashtag: #siamo140. Neugierig wie ich bin, muss ich gleich nachlesen. Und siehe da: Es handelt sich um das größte Schiffsunglück in Italien nach dem 2. Weltkrieg, bei dem Fähre Moby (sic!) Prince mit einem Tanker zusammenstieß, in Flammen aufging und 140 Menschen starben, ein einziger Mensch überlebte diese Katastrophe. *verdrängverdräng*

Sardinien Teil 3: Zwischen Adria und Thyrrenischem Meer

Sardinien Teil 3: Zwischen Adria und Thyrrenischem Meer

Nach einem eher unerfreulichen Golferlebnis im an sich tollen Club della Montecchia (unbedingt auf die richtige Schreibweise achten!) – zunächst hat uns das Navi sicher nach Montecchio geführt, wo alles Mögliche war, nur kein Golfclub. Also waren wir 1 Stunde zu spät dran…

Eine sehr schön Anlage, die wir leider nur zu einem Teil bespielen konnten.

Dann haben wir für 10 Loch über drei Stunden gebraucht, weil vor uns eine holländische Golfgruppe ihre Greenfee über Gebühr ausschöpfte – ob sie es genossen, daran zweifle ich stark… Es war so zach, dass wir mit unseren Spielpartnern aus Deutschland übereinkamen, Essen im Clubhaus ist befriedigender als Warten am Platz.

Also nach einem eher vermurksten Tag machten wir uns auf nach Chioggia (sprich: „Kiodscha“ nicht Kotscha und auch nicht Tschiogga ebenso wenig wie Tschotscha – alles schon gehört!). Ein Bikerundfahrt in der Altstadt, die ein bisschen wie ein kleines Venedig daherkommt, gefolgt von einem Aperitivo auf der belebten Fußgängerzone – schon ist alles gut!

Die Campinglätze dort sind zwar riesig und zu dieser Zeit immer noch sehr voll. Aber wir haben einen feinen Platz am Rand auf einer Wiese bekommen. Es war sehr ruhig und idyllisch. Abgesehen von den auch dort ausgehungerten Gelsen, die einen, kaum war man aus dem Wagen, anfielen wie die Zombies in The Walking Dead. Nach dem Morgenyoga hab ich ausgesehen, als hätte ich die Masern! Wer braucht schon Zen, wenn er angesichts der gierigen Meute weiterhin seine Asanas praktiziert. Ist auch für die Fitness gut, weil man viele Übungen einarmig ausübt, da ja die andere Hand immer fürs Schlagen freibleiben muss.

Das Schwimmen im Meer war immer noch super angenehm! Wenngleich es mehr Flundern als Schwimmen ist, weil das Wasser ja sehr weit hinaus flach bleibt. (Und nein, weder Bauch noch Busen streifen am sandigen Meeresgrund; bei meinem Schwimmstil sind es die Füße! Kann sein, dass ich da seit meinem letzten Schwimmkurs 1974 was verlernt habe…)


Circa eine Stunde von Chioggia entfernt liegt die wunderbare kleine Insel Albarobello. Sie gehört der Industriellenfamilie Marcegaglia (Stahlindustrie, über ca. 6.000 Mitarberter:innen, wovon 3.000 an diesem Wochenende auf die Insel eingeladen waren). Albarobello ist eine Gated Community nach amerikanischen Vorbild: eingezäunt, der Zutritt ist nur mit Genehmigung (oder einer Teetime) erlaubt, ein Tagungshotel, viele Villen, Tennisplätze, ein Yachthafen (!) und ein eigener Golfclub – Mann gönnt sich ja sonst nichts.

Wir waren schon vor einigen Jahren dort. Das Spezielle ist, dass der Golfplatz sehr naturnahe ist. Gedüngt wird von einer großen Damhirschherde, die fei über den Golfplatz zieht. Das Wassermanagement erfolgt über das Grauwasser der Ferienanlage. Direkt hinter dem Golfplatz befindet sich ein großer Strand, der an die Maremma und das dort befindliche Vogelschutzgebiet grenzt.


Der Tag war herrlich! Feinstes Spätsommerwetter, eine leichte Brise und diese herrliche Landschaft. Über das Golfspiel breiten wir erneut den Mantel des Schweigens. Und danach eine Flunderrunde in der Adria. Hach!

Doch wir müssen weiter, die Fähre ruft! Also machen wir uns nach 2 Tagen an der Adria auf den Weg quer durch die Toskana nach Livorno, wo wir die schirchste Fahrradtour aller Zeiten gemacht haben…

Wenn das mal kein Cliffhänger ist!

Stück für Stück Richtung Meer

Stück für Stück Richtung Meer

Nach unserer Sturmnacht bei Supermario pflücken wir uns noch ein paar Tomaten direkt vom Strauch und machen uns auf den kurzen Weg nach Mogliano zum Golfplatz Villa Condulmer. Der Kontrast zwischen ugly Camping und snobby Golf ist immer ganz witzig…

Der Golfplatz ist ein beeindruckender Parklandkurs. Mit ganz vielen, uralten Bäumen, darunter einer wirklich riesigen, über 200 Jahre alten, Platane. Das finden sogar die ökologisch eher zurückhaltenden Italiener schützenswert: Wer den Baum beschädigt, muss mit bis zu 10.000 Euro Strafe rechnen!

Die vielen Bäume zwingen zu einem sehr geraden Spiel. Nun ja, meinem Körper ist das leider heute schnurz. An Tagen wie diesen konzentriert man sich halt auf die Landschaft und zum Beispiel das riesige Tor, das von Loch 2 zu Loch 3 zu durchqueren ist…


Ich fotografiere Bäume und google sie – Lärche, Steineiche, chinesische Ulme oder doch Europäischer Zürgelbaum? Die KI ist so präzise wie mein Golfspiel heute.


Loch 7 überrascht mit einem doch recht langen Abschlag entlang eines Flüsschens. Sicherheitshalber nehme ich die Route in die Pappeln rechts 🙈.


Die hinteren 9 sind dann viel freundlicher, offener, breiter. Theoretisch. In einem großen Teich schwimmt gemütlich ein Nutria und macht sich – ich bin mir ziemlich sicher – über meinen großartigen Schlag ins Grün lustig: Endlich einer, den ich wirklich gut treffe (Wer rechnet denn damit auf der 17?!), leider viel zu weit, plopp, eine Spende an die Nutria-Kinder.

Das Essen im Clubhaus entschädigt dann aber für alles: Prosciutto mit Melone und glutenfreie (!) Pasta mit Salsiccia, bzw. Speck, Zucchini und Pecorino mit Gluten für den Mann. Der Café sowieso hier immer gut.

Auf zum Heiligen Pius

Unsere Route nach Livorno haben bewusst wir stressfrei geplant. So bleibt uns noch einige Zeit, die Provinz Padua zu erkunden. Dabei landen wir beim Heiligen Pius, der sogar einen Campingplatz ins Leben gerufen hat! Wie vorausschauend!

Dichte Bambus(!)haine, wenige, sehr grüne und ruhige Stellplätze zeichnen diesen Minicampingplatz nahe Padua aus. Die Waschräume sind in Containern untergebracht, Dusche und WC in einem Raum. Wär kein Problem, wenn einem nicht das Duschwasser des Nachbarn über die Füße rönne. Igitt. Aber dafür hat Gott, Pius oder wer auch immer ja Plastikschlapfen erfunden. Diese sind sowieso ein absolutes Must-Have jeder WoMo-Reise am besten mit einer dicken Sohle, man weiß ja nie, was zu durchwaten ist…


Womit wir so nicht gerechnet haben, ist der Angriff der Killergelsen! Jedes nackte Flecken Haut wird sofort zum All-you-can-eat-Buffet erklärt. Ohne Anti-Brumm gehst du hier in Nullkommanix an Blutarmut zugrunde. Gut, dass wir im Bus einen Gelsenstecker haben. Ist sicher nicht gsund in so einem kleinen Raum. Aber man muss Prioritäten setzen.

Ein Bus namens Vanda

Ein Bus namens Vanda

Das ist sie.

Der Van da ist Vanda (kreativer Name, oder?) und gehört seit März dieses Jahres uns. Es ist ein Peugeot, ausgebaut von Megamobil. Vanda ist 640 cm lang und 210cm breit. Sie ist ein sog. H3, also das höchste Ding, das es als „Auto“ gibt, weil sich der Mann ja sonst nur gebückt fortbewegen könnte. Diese physische Tatsache hat auch Einfluss auf die Autolänge, denn mit über 1,80 willst du nicht im Querbett schlafen.

Vanda hat schlappe 140 PS – mehr Lang- als Kurzstrecke also. Sie fährt mit Diesel, Verbrauch wissen wir noch nicht so genau, aber ca. 11l auf 100km. Eher schirch beim Tanken, zumal wir ja normal mit mehrheitlich eigenem Strom fahren.

Während der Mann auf Höhe und Länge bestanden hat, musste es für mich ein eigenes WC sein. Nicht, dass es sonderlich bequem wäre, aber in der Nacht mag ich nicht allein in die Prärie oder über den Campingplatz sausen müssen… Dusche gibt’s auch, aber Golf- und Campingplätze verfügen meist über die bequemeren Waschräume.

Wir haben zwei 100 Ah Batterien, und ein bisschen Solar die uns im Normalgebrauch 3-4 Tage Autarkie erlauben. Wichtig ist auch: Wir haben eine natürlich eine Heizung! Bist du aus Österreich, ist das quasi zwingend nötig.

Was wir mittlerweile sehr zu schätzen wissen ist das Hubbett, also ein Bett, das elektrisch rauf- und runtergefahren werden kann. So kann man den Stauraum drunter super nützen und zur Not, kann man dort sogar ein weiteres Bett (würde ich nie machen, aber…) einbauen.

Von großem Vorteil ist das LKW-Navi, das genau die Maße unseres Autos kennt und uns daher nicht in irgendwelche italienischen Altstadtzentren oder zu niedrige Unterführungen lotst. Dafür muss man Geduld haben, während man das Ding programmiert, kann man als Profi-LKW-Fahrer problemlos seine Ruhezeiten absolvieren.

Bis zu unserer aktuellen Fahrt waren bisher immer nur ein paar Tage am Stück unterwegs. Ich glaube, Vanda war extrem langweilig. Die Langstrecke – wir haben ca. 3.000 km vor uns – ist genau das richtige für sie!

Sardinien-Reise Teil 1

Sardinien-Reise Teil 1

Doch nicht Tirol…

Jeder gute Plan beginnt mit einer Änderung. So auch unsere Route nach Sardinien.

Statt über den Westen mit einem Golfintermezzo in Westendorf zwingt uns die Wettervorhersage Richtung Süden. Egal. Wir sind flexibel. Also geht´s auf zum unserem Lieblingscampingplatz in Österreich, dem Ilsenhof am Turnersee. (Psst! Nicht weitersagen, sollte ein Geheimtipp bleiben!)

Nach einer Runde  bei herrlichsten Spätsommerwetter am GC KLopeinersee ersuchen wir die Locals um einen Tipp, wo man was Gutes zu essen bekäme. Die junge Frau, die wir fragen, ist eine echte Feinschmeckerin bzw. hält sie nicht viel von der lokalen Gastronomie. Wenn sie essen gehen wolle, fahre sie entweder nach Graz oder nach Wien !!! Das erscheint uns nun doch übertrieben…

Wir landen schließlich bei „Poldi“, einer Art Strandcafé und begnügen uns mit Chicken Wings mit Pommes und eine Poldi-Burger. Nach 18 Loch mit Taschetragen geht’s mehr um „überhaupt was“ als ums „besonders gut“.

Poldi: Hunger ist der beste Koch.

 Im Dunkeln suchen wir unseren Stellplatz bei der Ilse. Die Nacht ist ruhig und wir schlafen herrlich. Am Morgen schauen wir aus unserem kleinen Fenster direkt auf den See.

Herrliche Aussicht aus dem „Schlafzimmerfenster“

Ganz alleine, daher auch nackig, schwimme ich das Seeufer entlang. Könnte auch in Kanada oder in einer sonstigen Einsamkeit sein. Der Turnersee gehört alleine mir – wie herrlich! Neben mir springt ein riesiger Karpfen nach einem Insekt. (Ich wusste gar nicht, dass die so behende sind!) Die Berge ringsum sind wolkenverhangen. Das Wasser hat immer noch angenehme 22 Grad, die Luft allerdings nur 14.

Mit unseren Kaffeebechern sitzen wir – ganz pensionistinnenlike – am Bankerl am Ufer und können beobachten, wie der Regen Meter um Meter näherkommt. Als er uns schließlich erreicht, flüchten wir in den Van.

Bisschen zu spät: Der Mann ist komplett durchnässt, als er uns vom Strom abgehängt und alles abfahrbereit gemacht hat. Nässe macht sich im WoMo übrigens nicht so super. Wenig bis kein Platz um Gewand, Handtücher oder sonstiges, was größer ist als ein Geschirrtuch ist, aufzuhängen.

Über Nacht bei Super Mario

Unser nächster Stopp: Irgendwo im Nirgendwo. In Trebaseleghe (kennen wahrscheinlich nur eingefleischte Radfahrer:innen) empfängt uns Super Mario (Nintendo, remember?). ER und seine Frau Alessia betreiben einen Radlertreff entlang einer bekannten (mir nicht) Fahrradroute. Wir dürfen gratis unser WoMo unter deren Bäumen parken. Dafür nehmen wir eine Jause. Sehr fein und alles organisiert mit der sehr empfehlenswerten App „Agricamper“. Diese App führt uns zu Plätzen, wo wir gratis stehen können. Die Stellplatzbesitzer:innen erhoffen sich dadurch ein bisschen Umsatz mit ihren Produkten. In Österreich heißt diese App Schau aufs Land und in Frankreich France Passion.

Nach einer Sturmwarnung sind wir auf offenes Gelände geflüchtet.
Kopflos

Kopflos

Kopf einer Statue, der vom Sockel gefallen ist im Comicstil
Made by AI with copilot

Im Behandlungszimmer des Radiologen hängt frontal zum Behandlungsbett ein Frauenakt. Die Kohlezeichnung zeigt einen perfekt proportionierten weiblichen Torso. Die Brüste sind aus dem wünsch-dir-was-Katalog des Schönheitschirurgen: Körbchengröße C, Nippel, die gerade noch nicht nach oben zeigen. Eine Taille, die mit zwei Männerhänden um(was so ein zusätzliches Füßchen an einem Buchstaben ausmacht!)fassbar ist. Das Becken einladend, ohne ins Ausladene zu tendieren. Der Schatten suggeriert einen konkaven Bauch, der Nabel nur hingehaucht. Die Beckenknochen treten deutlich hervor. Die Scham macht ihrem Namen Ehre und ist nur sehr leicht behaart. Die Schenkel im Gehen begriffen und daher versetzt, sodass sich die Gelegenheit, die lippenlose Vulva anzudeuten, nicht vermeiden ließ.

Was macht so ein Bild mit jenen Frauen – und hier liegen nahezu ausschließlich Frauen, handelt es sich doch um den Raum, wo der Mammograph – aka Brustpresse – steht, die hier liegen und gar nicht anders können, als dieses Bild anzustarren?

Wir haben keine Brüste, die waagrecht wegstehen. Wir haben keinen konkaven Bauch. Wir haben keine herausragende Beckenknochen (naja ok, vielleicht schon im Liegen). Unser Nabel ist gut sichtbar – wenn nicht durch Schwangerschaften sogar prominent. Die Männerhände, die unsere Taille umfassen könnten, gibt’s nur im Comic.

Aber vor allem anderen:  Wir haben einen Kopf!

Und genau das ist das Problem. Desjenigen, der diese Zeichnung angefertigt und genau hier platziert hat.

Marillenknödel mit Topfenteig – schnell noch, bevor es zu spät ist

Marillenknödel mit Topfenteig – schnell noch, bevor es zu spät ist

Das absolut beste Rezept aus der Wochenzeitung Der Falter (ein Abo lohnt sich und unterstützt Qualitätsjournalismus und stärkt die Demokratie!)

Bild: KI generiert (Microsoft Copilot)

Zutaten

Für den Teig
500g Topfen (Quark) 20%
60g weiche Butter
1 Ei, 1 Dotter
Abrieb von 1 Bio-Zitrone
150g Mehl
Prise Salz
16 gute Marillen

Für die Butterbrösel
300g Brösel
200g Butter
nach Belieben noch 100g geriebene Mandeln (nicht im Originalrezept)
Zucker nach Belieben

Zubereitung

Für den Topfenteig 500 Gramm Topfen in die Mitte eines sauberen, geruchsneutralen Geschirrtuchs geben, die Seiten über dem Topfen zusammenfassen und über der Abwasch immer fester zusammendrehen, bis Molke austritt. Es sollten circa 400 Gramm Topfen übrigbleiben. (Dieser Schritt ist wichtig, weil der Teig dadurch die richtige Konsistenz bekommt. Mit zu feuchtem Topfen wird er speckigschwer und schlecht zu verarbeiten.)

In einer Rührschüssel weiche Butter mit Salz und Zitronenabrieb mit den Rührbesen des Mixers verrühren, Ei und Dotter einrühren (wird nicht homogen, egal).

Mehl und ausgedrückten Topfen dazugeben. Einmixen. Die bröckelige Masse mit einem Gummihund oder der Hand in der Schüssel zu einer Kugel formen. Zugedeckt 1-2h Stunden (oder ein paar Stunden länger) im Kühlschrank rasten lassen.

Für die Knödel in einem großen, weiten Topf Wasser zum Kochen bringen, schmeckbar salzen. Marillen waschen und trockentupfen oder erst jetzt aus dem Tiefkühler nehmen (nicht auftauen lassen!).

Ein bemehltes Tablett bereithalten. Hälfte vom Teig (andere Hälfte wieder kühlen) auf der bemehlten Arbeitsfläche mit bemehlten Händen zu einer dicken Rolle formen (nicht kneten), in acht gleich große Stücke schneiden.

Stücke flachdrücken, je eine Marille daraufsetzen und den Teig mehr über die Marille schieben als ziehen und gründlich verschließen. Zwischen bemehlten Händen nahtlos rund rollen. Auf dem Tablett mit etwas Abstand absetzen. Einzeln direkt über der Wasseroberfläche ins kochende Salzwasser einlegen.

Mit einem Holzkochlöffel(stiel) vorsichtig vom Boden lösen. Auf kleine bis mittlere Flamme zurückdrehen, das Wasser soll nur leicht wallen. Zwölf bis 15 Minuten (je nach Marillengröße) offen köcheln.

Währenddessen restliche Knödel formen und die Brösel bei Bedarf auf kleiner Flamme erwärmen. Knödel mit einem Lochschöpfer aus dem Wasser heben, gut abtropfen lassen und vorsichtig in die Brösel setzen. Mit zwei Holzspateln (nicht mit scharfkantigem Werkzeug) in den Bröseln rollen.

Anmerkungen

Die beiden „Gamechanger“, die die Knödel Zubereitung wirklich einfach machen sind das Ausdrücken des Topfens und das Kühlen des Teiges!
Ich gebe keinen Würfelzucker in die Marillen, da die Früchte im Urzustand viel leichter zu verarbeiten sind und ich gerne jedem selbst überlasse, wie süß er/sie die Früchte haben will.

Jedenfalls ein Traumgericht! Das Rezept stammt von übrigens Plachutta/Wagner.

Isabella Straub, Nullzone

Isabella Straub, Nullzone

Pure Sprachlust

Isabella Straub ist eine ehemalige Schulkollegin. Ich liebe ihre humorvollen Facebook-Kommentare, die immer gespickt sind mit (mehr oder weniger) subtilen Grammatik- oder Rechtschreibhinweisen. Und nun gibt es für uns Sprachfreaks gleich einen ganzen Roman 🙂

Die (manchmal zu?) kunstvolle Verstrickung der Schicksale der Protagonistin und Protagonisten der „Nullzone“ ist teilweise (sehr) lustig, teilweise aber auch ernst. Es geht um die Folgen von Gentrifizierung, Working Poor, Migrationsbiografien und transgenerationale Traumata.

In der „Nullzone“ – dem fashionable Neubauprojekt am Stadtrand – begegnen sich der Zukunftsforscher (sic!) Gabor Sperling, der Botenfahrer Rachid und die Hausmeisterin Elfi Hrbala. Jeder von ihnen eine Lieblingszeit: Jene des Zukunftsforschers Sperling ist – no na – das Futurum Exaktum. „In neunzig Tagen werde ich ein anderer Mensch geworden sein.“ Die Hausmeisterin bevorzugt die Gegenwart. Rachid wiederum „mag die Vergangenheit, wenn sie lange vorbei ist, sagen wir: hundertfünfzig Millionen Jahre. (…) Was er nicht leiden kann: die nahe Vergangenheit, vor allem, wenn Daria darin vorkommt.“

Als Sprachliebhaberin verleiht Isabella Straub ihren AkteurInnen einen ganz individuellen Sound. Ob der gelungen ist – z.B. bei Rachid – kann ich nicht beurteilen, weil mir zu fern. Aber ich fand ihn glaubwürdig. (Vielleicht ist es aber nur ein Slang, von dem wir glauben, dass Menschen wie Rachid sich so ausdrücken…)

„Bruder, sag, wann bin ich wieder frei?“ (Capital Bra, Anm.) Darüber muss Rachid nachdenken. Echt jetzt? Bitte das will einfach nicht in seinen Kopf. Einer, der alle Weiber haben kann, also wirklich alle, und dann jammert der herum? Wie lost kann man sein? Das Nachdenken macht Rachid ganz wund im Kopf. In letzter Zeit hat er übelst Probleme sich zu konzentrieren. Kein Wunder, kommt ja immer was dazwischen. Zum Beispiel ein Pling vom Handy.“

Wunderschöne Sprachbilder

Die Figur des Gabor Sperling eignet sich hervorragend, um große Metaphern wie diese unterzubringen: „Wir alle baden im Fluss der Zeit, aber jede Sprache entwickelt ihre eigenen Schwimmbewegungen und drückt damit ihre Haltung zur Welt aus.“

Wirklich lustig

Wer vorzugsweise an öffentlichen Plätzen liest, sollte sich darauf gefasst machen, von Mitmenschen komisch angeschaut zu werden. Ich musste oft richtig laut auflachen. Und das ist man in der Wiener U-Bahn nun wirklich nicht gewohnt!

Sie treffen sich im Antalya Palace. Dort sind die Kebaps groß wie Felgen und schmecken leider auch so, mit viel Dönersoße kriegt man die aber runtergewürgt. Zum Scheißen reicht´s.

Isabella Straub hat einen raffinierten Sprachwitz. Wer ihr auf Social Media folgt, kennt schon die eine oder andere Wortschöpfung. Hier noch so eine Perle:

Solange ihm noch keine Diagnose übermittelt wurde, ist er zugleich gesund und krank. Für diesen Zustand muss dringend ein Wort erfunden werde: Frau Doktor, ich bin krund. Ich bin gesank. Ich bin krand.“

Ich spreche für Nullzone eine absolute Leseempfehlung aus. Es ist eine surreale Geschichte, die ernste Themen humorvoll verhandelt. Menschen, die Sprache als starres Konstrukt sehen, sollten davon Abstand nehmen. SpielerInnentypen hingegen werden ihre Freude daran haben.

Isabella Straub, Nullzone
Hardcover, 372 Seiten
Verlag Elster & Salis GmbH
ISBN 978 3 9505435 7 5

Erster Satz

Gabor Sperlings liebste Zeitform ist die vollendete Zukunft: das Futurum exaktum