Ronja von Rönne, Heute ist leider schlecht

Ronja von Rönne, Heute ist leider schlecht

Wer auf den Misantropen wohnt, ein Wochenendhäuschen in der Fickt-Euch-Allee sein Eigen nennt, wer auf Sarnagel-Humor gepaart mit deutscher Schnoddrigkeit steht, ist bei der Frau mit dem coolen Namen genau richtig. Heute ist leider schlecht ist eine Kolumnensammlung für schlechte-Laune Tage, oder eigentlich jeden Tag, denn schlecht kann der Tag ja noch werden. Nicht umsonst heißt das Buch im Untertitel „Beschwerden ans Leben“.

Ich lese ja immer mit dem Bleistift in der Hand, um mir Bemerkenswertes zu markieren. (Übrigens ein irrsinniger Nachteil von Hörbüchern! Das mit dem Markieren hab ich bis jetzt nicht durchschaut.) Bei von Rönne legte ich den Bleistift gar nicht mehr aus der Hand. Diese noch so junge Frau (Jahrgang 1992!) ist manchmal bemerkenswert weise – teil-weise sozusagen. (Bitte um Applaus für diesen großartigen Wortwitz!) Eine scharfzüngige Beobachterin („Der moderne Lebenslauf: Geburt, Schule, Arbeit, Burn-out, Ayurveda-Auszeit in Indien und Bikram-Yoga-Kurse in Berlin-Mitte.“), eine Nix-Scheißerin, eine Shitstorm-Küche quasi. Naja mit ein bisserl was über 20 darf frau auch noch mit antifeministischem Blödsinn provozieren. Wer fesch und jung ist, glaubt ja wirklich noch an die eigene Unverwundbarkeit!

Wer schon mal daran gedacht hat, ein Buch zu schreiben muss die Kolumne „So ist Schreiben“ lesen: Köstlich! (Natürlich ein bisserl kokett nachdem Wir kommen, ihr Debutroman nicht nur beim Feuilleton ganz gut ankam.)

Alle Paarungswilligen (im Sinne von Paar-Werdung, nicht das was ihr denkt!) werden auch beim Beginn der Kolumne „Wie man eine gesunde Beziehung führt“ ein Déja-vu haben: „Als Erstes trifft man sich in einer Bar und guckt. Dann schraubt man seine Ansprüche herunter und guckt nochmal.“

Das Kapitel über den Urlaub punktet mit der tiefen Einsicht: „Wer im Urlaub unglücklich ist, lernt vor allem eines: dass Zufriedenheit nichts ist, was sich automatisch einstellt, wenn nur alles Unangenehme aus den Tagen radiert wird, dass das Verzagen tiefer sitzt, knapp unter der Bauchdecke vielleicht.“

Oder das Kapitel über Familie: „Denn natürlich heißt Familie nicht „Leute mit wuscheligen Haaren und gutsitzenden Hosen, die ich aufgrund ähnlicher politischer Einstellungen und Humorverständnis ganz fabelhaft finde. Familiengeschichten  sind deshalb interessant und Stoff für Romane und Filme, weil Familie im seltensten Fall aus Leuten besteht, mit denen man so auch befreundet wäre. Familie das ist ist ein unordentlicher Knoten, ein Haufen komischer Leute mit irritiereden Interessen und seltsamen Frisuren, die ständig mit vollem Mund reden und alle die gleiche Stupsnase haben. In den allermeisten Fällen fragt man sich ungefähr ab dem achten Lebensjahr, ob man nicht den Einhorn-Schulranzen (Alles klar, von welcher Generation wir sprechen ? Anm. d. Red.) mit ein paar belegten Broten und der Kuscheldecke füllen sollte, um dann weit, weit fort zu laufen von diesen furchtbaren Menschen, die behaupten einen zu lieben, und einem dann Rote Beete zu Abendessen vorsetzen. Später wird das nicht besser. Eltern, das sind im besten Falle Leute die einem schöne Dinge (Koma-Saufen) verbieten und zu schrecklichen Dingen (Lebertran-Saufen) zwingen wollen. Eltern haben keinen Geschmack. Eltern hören schlechte Musik. Eltern sind scheiße angezogen. Eltern geben wenig Taschengeld. Eltern verstehen gar nichts. Eltern wissen  nicht was Instagram ist. Opfer. (…) Familie, das ist ein einziges, großes „Trotzdem“.“

Ronja von Rönne Heute ist leider schlecht: Beschwerden ans Leben. S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 2017 978-3-596-03703-2 208 Seiten
Ronja von Rönne
Heute ist leider schlecht:
Beschwerden ans Leben.
S. Fischer Verlag
Frankfurt am Main 2017
978-3-596-03703-2
208 Seiten

Erster Satz: „Wenn ich an meine Kindheit denke, erinnere ich mich nur an Millionen Kieferorthopädenbesuche und AOL-CD Roms.“

Wer trotz dieses ersten Satzes jetzt mehr von von Rönne lesen möchte, kann die Welt am Sonntag abonnieren oder aber ihren Blog Sudelheft lesen. Dort sind auch viele Fotos, die klarmachen, wo für mich die Parallelen zu Stefanie Sargnagel liegen 😉

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