Henriette Roosenburg, Morgen wartet eine neue Welt

Henriette Roosenburg, Morgen wartet eine neue Welt

Eine wahre Geschichte über eine außergewöhnliche „Heimreise“.

1957 war dieses Buch in den USA ein Bestseller. Erst jetzt wurde es wiederentdeckt und ins Deutsche übersetzt.

Die Autorin, Henriette Roosenburg, war nach dem Krieg Journalistin. So liest sich auch das Buch, in dem sie ihre Befreiung aus dem Nazi-Gefägnis in Waldheim, Sachsen, und ihre „Flucht“ nach Hause, zurück nach Holland schildert.

Gemeinsam mit ihren Freund*innen Joke, Nell und Dries macht sie sich im Frühling 1945 auf den Weg in ihre Heimat Holland. Es fällt schwer Freund und Feind zu unterscheiden. Soeben aus dem Gefängnis befreit, wo sie als zum Tode verurteilte, sogenante Nacht-und-Nebel-Häftlinge, gerade noch überlebt haben, fällt es schwer, mit der neuen Freiheit umzugehen und Vertrauen zu fassen. Ist „der Russe“ nun Befreier oder potenzieller Vergewaltiger? Hat man als Opfer das Recht von Deutschen zu stehlen? Gibt es auch gute Deutsche und wenn ja, wie konnte sie „all das“ zulassen? Darf man Täter mögen?

Ein Leben auf der Flucht ist in allem prekär: zuwenig Essen, kein sauberes Wasser, nie wissen, was um die nächste Ecke bzw. Flussbiegung lauert, ständige Anspannung. Sicherheit als höchstes Gut. Und Freundschaft & Loyalität. Und wie überlebenswichtig Optimismus ist.

Roosenburgs Roman ist mehr eine Reportage. Mit viel Emotion aber nie weinerlich schildert sie die unerträglichen Umstände, die in den Gefängnissen herrschten. Ihre inneren Kämpfe, nicht so zu werden wie ihre Peiniger, obwohl Vergeltung nun endlich möglich wäre.

Ein wahre Geschichte aus einer vergangenen Zeit. Doch Flucht wird sich auch heute nicht anders anfühlen. Insofern hat die Neuentdeckung des Romans eine höchstaktuelle Komponente.

Henriette Roosenburg
Morgen wartet eine neue Welt
übersetzt von Hans-Christian Oeser
322 Seiten
aufbau Verlag
978-3-351-03836-6

Erster Satz

Der 5. Mai 1945 war ein Tag der Vorahnung.

René Freund – Mein Vater, der Deserteur

René Freund – Mein Vater, der Deserteur

René Freund ist Jahrgang 1967. Also nur 2 Jahre älter als ich. Doch sein Vater war viel älter als meiner. Das war sein Pech: 1944 wurde er mit 18 Jahren von der Wehrmacht eingezogen und nach Paris an die Front geschickt. Er desertiert, wird von den Kämpfern der Résistance festgenommen und kommt in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

Sein Sohn fährt 70 Jahre später mit seiner Frau und seinen Kindern nach Frankreich. In die Normandie, nach Paris. Er begibt sich an die Schauplätze des Krieges, an dem sich sein früh verstorbener Vater nicht beteiligen wollte. Und der ihn und seine Familie doch so massiv betroffen hat. Dabei setzt sich René Freund mit dem Kriegstagebuch seines Vaters auseinander. Kommentierend, hinterfragend. Unter Bezugnahme auf sein eigenes Leben, auf aktuelle Fragestellungen.

„Ich hätte meinem Vater gerne so viele Fragen gestellt, Aber wer weiß, ob ich mich getraut hätte.“

schreibt Freund. Diese Frage hab ich, deren Vater 1944 geboren wurde, mir erspart. Mein Großvater ist gestorben als ich 4 war. Meiner Oma hab ich sie nie gestellt. Der Krieg war bei uns – wie in den meisten Familien – nie Thema. Vielleicht ist es tatsächlich so, dass erst unsere Generation  genug Abstand hat, die persönlichen Geschichten hinter den historischen Gegebenheiten zu hinterfragen. Nicht mehr als kollektive Traumabewältigung, sondern als persönlicher Reflexionsprozess.

Mit dem Buch René Freunds könnte mensch einen Anfang machen.

René Freund Mein Vater der Deserteur
René Freund
Mein Vater, der Deserteur
Deuticke
9783552062566
208 Seiten

 

Erster Satz:

Vater, dich stell ich in die Mitte.