Sardinien Teil 5 – Die Überfahrt: Die Moby Fantasy spielt alle Stückerl

Sardinien Teil 5 – Die Überfahrt: Die Moby Fantasy spielt alle Stückerl

Bild: Wikipedia, The Moby Fantasy in the Harbour of Livorno

Wir haben uns bewusst für eine sehr moderne Fähre entscheiden, dass sich diese allerdings als so ein feudales Schiff entpuppt, freut uns umso mehr. Viele Stunden früher parken wir unser WoMo auf einem Parkplatz beim Fährenzugang. Der Stellplatz füllt sich schnell. Kam uns unser Bus groß vor, so merken wir jetzt erst, was für ein Zwergerl wir haben. Wir sind umzingelt von meterlangen Bussen. Quasi eine deutsche Motorhome-Enklave mit Schweizer Einsprengseln.


Nach einem weiteren – nun fußläufigen – Spaziergang durch die Stadt, stellen wir uns in einer der 8 Schlangen, die sich bilden. Die Moby rauscht herein und alle zücken ihre Handys um das Ereignis zu filmen. Ein Monster legt an: 237m lang, 32 m breit, zugelassen für 2500 Passagier und 1300 PKW. Es dauert gefühlt endlos, bis der „Bauch“ keine Fahrzeuge mehr gebiert.

Auf ein geheimes Zeichen werfen alle die Motoren an! Formel-1-Start pipifax dagegen! Ein blau-silberner Schlauch verschluckt uns. Und schon sind wir gefangen bzw. geparkt in den Eingeweiden des Schiffes.

Wir suchen – nicht ganz kurz – das Freiluftdeck, wo wir uns ein Gin-Tonic genehmigen. Ein DJ legt richtig coole Music auf. Vielleicht fühlt man sich so ähnlich beim Start einer Kreuzfahrt – nur ein bisschen abgeranzter und mit weniger schlechten Gewissen.

An Deck 8 finden wir – nicht ganz leicht – unsere (1 von weiteren 440) schicke, saubere, kleine Kabine mit Bad.

Die Nacht ist ruhig aber sehr kurz. Um 5.30 reißt einen der italienische Drillsergeant per Lautsprecher aus dem Schlaf. Ich verstehe nur 1/3, selbst wenn das Englisch sein soll. Jedenfalls müssen wir raus aus den Kabinen, denn in 1,5h (!!!) landen wir an. Gleich nach der Ansage pumpert jemand an die Kabinentür. Das passiert genau 3 x mal. Liegenbleiben ist nicht.

So unsanft geweckt, stolpern wir in einen der vielen Frühstückräume, wo wir von extrem unmotivierten Menschen ein Croissant auf den Teller geknallt bekommen. (Übrigens eine Andeutung der Dienstleistungsqualität hier in Sardinien. Wir können absolut nicht nachvollziehen, warum gerade Wiener Kellner so ein schlechtes Image haben. Die Motzer sollen mal hier ein Mittagessen ohne Wein bestellen!)

So spektakulär unsere Fährenentjungferung war, so unspektakulär werden wir in Olbia ausgespuckt. Wir begeben uns auf die Suche nach einem netten Café in der Altstadt, aber um 7.30h macht dir kein Sarde einen Café! Um 8h aber schon. Das Leben beginnt hier allerdings nicht von 9.30h. Die Geschäfte sperren ohnedies erst um 10 auf.

Also pilgern wir zurück zu unseren kleinen Vanda und machen uns auf, Sardinien zu erkunden!

Sardinien Teil 4: Livorno ist keine Reise wert

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Aber wenn man schon da ist, kann man sich ja auch gleich was anschauen. Also schnallen wir die Fahrräder vom Bus (schon eine Action) und fragen nach dem Weg. Die hochgezogenen Augenbrauen der Dame an der Rezeption verheißen nichts Gutes. Dabei sind es doch nur 7 km!

Schon bald wissen wir, was sie gemeint hat: der Radweg endet nach 200m abrupt. Übrig bleibt die Strada Statale, die genauso breit ist, wie 2 LKWs. Gut, dass heute Sonntag ist, denn da fahren die riesigen Tanklaster nicht, die die hier aufgefädelten Raffinerien ansteuern, nicht. Livorno ist einer der größten Ölhäfen Europas. (Man riecht es auch teilweise.) Aber vor allem führt unser Weg vom Campingplatz 15 Minuten entlang des riesigen Industriegebiets. Schön schirch quasi. Belohnt werden allerdings wir mit dem Viertel Venezia Nuova. Einem der netteren Stadtteile Livornos. Viele Brücken, viele Kanäle, eine alte Festung, die allerdings die neuere ist, wie sich andernorts herausstellt.

Eine Spazierfahrt durch die Stadt offenbart – neben wirklich arg heruntergekommenen Gebäuden – ein Baujuwel der Sonderklasse: die Synagoge. Urteilt selbst…

Nach einem überteuerten, dafür gar nicht so gutem frühen Abendessen (Cacciucco, die berühmte Livornesische Fischsuppe, also Martin, ich nicht) (früh essen wollen ist ja in Italien immer ein Fehler, da haben nur die Touristenfallen und die, die müssen, offen) schauen wir noch zur Hauptattraktion der Stadt, in der der italienische Kommunismus seinen Ursprung hat, die Terrazza Mascagni. Und das ist nun wirklich spektakulär. Eine riesige Fußgängerzone entlang des Meeres mit einer fantastischen Aussicht – und das im Sonnenuntergang!

Hafen von Livorno im Sonnenuntergang

Das Aquarium können wir nicht mehr besuchen, denn wir wollen die Fahrradstrecke unbedingt noch bei Tageslicht hinter uns bringen. Zumal für den Abend bzw. die Nacht ein heftiges Gewitter angesagt ist.

Das Gewitter bleibt glücklicherweise aus, aber es regnet in Strömen. Wir sind froh, dass wir alles noch am Vortag verstaut haben und jetzt dem Campingplatz beim Überfluten zusehen können -ahja, da merkt auch der Livorneser, dass es sich lohnt, die Abflussgitter reinzuhalten… Nach ein paar Stunden ist der Spuk vorbei. Die Sonne kommt raus und tut so, als wär nix gewesen😇

Fein – heute steht die Überfahrt mit der Fähre an und da wünschen wir uns keinen Sturm, selbst wenn die Moby Fantasy ein Monster von einem Schiff ist, das so leicht sicher nicht ins Wanken gerät…

Anekdote am Rande: In einer Kirche sehe ich ein Bild von einem brennenden Schiff, darunter den Hashtag: #siamo140. Neugierig wie ich bin, muss ich gleich nachlesen. Und siehe da: Es handelt sich um das größte Schiffsunglück in Italien nach dem 2. Weltkrieg, bei dem Fähre Moby (sic!) Prince mit einem Tanker zusammenstieß, in Flammen aufging und 140 Menschen starben, ein einziger Mensch überlebte diese Katastrophe. *verdrängverdräng*